Hannah Höch – Collagen
Hannah Höch gehörte zu den ersten Künstlern, die traditionelle Wege verließen und ihre Bilder nicht mehr nur mit Pinsel und Zeichenstiften anfertigten, sondern die im Alltag vorgefundenes Material als Ausgangsmaterial für ihre Arbeiten wählten und diese Fundstücke collagierten.
Hannah Höch, Dada-Rundschau |
Mit ihrem Freund Raoul Hausmann führt sie die bei einem Ferienaufenthalt mit ihm in Gribow an der Ostsee entdeckte Technik der Fotomontage sehr bald schon zu ersten imponierenden Höhepunkten. Auslösend für diesen Prozess war der Anblick des Farbdruckes einer Soldatengruppe mit den eingeklebten Köpfen von Familienangehörigen der Zimmervermieterin, eine damals beliebte Form des Souvenirs an die Militärzeit. Eine Spur jener Entdeckung findet sich noch zwei Jahre später in Hannah Höchs Fotomontage: ›Dada-Rundschau‹. Links unten stramm stehende Uniformierte, denen schwebend Köpfe aus Fotos, darunter der Hindenburgs [zweiter Reichspräsident der Weimarer Republik], aufgesetzt sind.
Bei aller Turbulenz zeitbezogener Details dominiert jedoch eine Ordnung der Bildelemente ebenso wie eine konsequente Beschränkung des Materials auf Ausschnitte aus Illustrierten und zerschnittene Zeitungstexte. Dabei gliedern die Textzeilen wie Energiebündel das Chaos der Ereignisse.
Neben weiblichen Porträts oben links liest man »Deutsche Frauen in der Nationalversammlung«, Ebert und Noske in Badehosen [erster Reichspräsident der Weimarer Republik und sein Reichswehrminister],
denen Hannah Höch jeweils ein Gänseblümchen angefügt hat, werden mit
dem Zusatz »Lichtstrahlen« ironisiert. Eine kühne Schwimmerin taucht auf
der ›DadaRundschau‹ unter Eberts Arm hinweg in die Öffnung eines
Grabenfernrohrs. Unten rechts erschrickt ein würdiger Greis vor den
Worten: »Für schrankenlose Freiheit«, während hinter seinem Rücken
Straßenkämpfe toben. Ganz unten starrt den Betrachter die drohende
Öffnung eines Kanonenrohrs an. So verschränken sich Sarkasmus, Ironie,
Schrecken und Ulk, Banales und Respektables zu einem Ballett des Chaos. (Quelle: Hannah Höch, Ausstellungskatalog, Nationalgalerie Berlin)
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In
ihren Collagen und Montagen führte Hannah Höch auch nach dem
eigentlichen Ende von Dada-Berlin um 1922 dadaistische Praktiken
entdeckungsfreudig und undogmatisch weiter. Damit blieb sie die
bedeutendste Persönlichkeit, die den ironisch-provokanten und
spielerischen Geist Dadas bis heute auf einem in aller Breite genutzten
Feld lebendig erhielt. Allmählich reduzierte sie die inhaltliche Fülle
auf wenige schärfer konturierte Bildelemente. Im Zusammenprall von
Realitätsfragmenten fotografischer Herkunft und reiner Imagination
entstanden Schwebezustände von oft tänzerischer Leichtigkeit, die auch
dort manchmal zum Lächeln verführen, wo Staunen oder Betroffenheit
angesichts doppelbödiger Tatbestände angemessener wären. […]
Damit
hängt zusammen, daß Hannah Höch sich als echte Dadaistin niemals einer
einmal gefundenen Handschrift, einer Manier, einem festen Formvokabular
verschworen hat. Jeden Augenblick mußte das Unerwartete, das Wunder
eines neuen Fundes in dieser facettenreichsten aller Welten möglich
sein. Diese Lebenshaltung, die mit ihrem persönlichen Kunstgesetz
unlösbar zusammenwuchs, ließ keine Selbstzufriedenheit aufkommen. (Quelle: Hannah Höch, Ausstellungskatalog, Nationalgalerie Berlin)
Die
Dada-Bewegung war zwar wichtig für die Entwicklung der Kunst im 20.
Jahrhundert, sie dauerte jedoch nur wenige Jahre an. Ihr Beginn wird mit
1916 angegeben, als Ende der Bewegung findet man häufig die Angabe
1922. Dis Entwicklung von Kunstströmungen lässt sich nicht mit der
Stoppuhr messen, aber als Anhaltspunkte sind diese Angaben hilfreich.
Typische Merkmale der Collagen von Hannah Höch
Über Hannah Höch ist zu lesen:
Es
gibt gewisse Eigentümlichkeiten ihrer Produktion, deren Fülle und
Vielfalt auf allen Gebieten: neben Collage und Montage die Ölbilder,
Aquarelle, Gouachen, Zeichnungen, Linolschnitte, Monotypien und
Miniaturen bis ins hohe Alter Bewunderung erregt. […]
Solche Eigentümlichkeiten sind etwa bei den Collagen seit Mitte der zwanziger Jahre übergroße Köpfe auf kleinen Rümpfen oder gar nur Beinen, besonders aber die Rolle, die dem Ausdruck der Augen jeweils zukommt.
Eine wahre Geheimlehre von der magischen Gewalt des Blickes scheint dahinter verborgen. Weit aufgerissen oder winzig verkleinert, sogar halb verdeckt beherrschen die Augen die Szene in grotesken Nuancen. Noch verstört oder grimmassierend wohnt solchen Augen ein seltsamer Bann inne. Etwas vom Schauder früher Kulturen vor der Zauberkraft des Auges blitzt darin auf. (Quelle: Hannah Höch, Ausstellungskatalog, Nationalgalerie Berlin)
Aufgabe:
Fertigen Sie eine Collage an (ca. 20 x 20 cm), in der Augen thematisch und formal im Mittelpunkt stehen.
Hier finden Sie Arbeiten Hannah Höchs, die als Anregung zu dem Thema dienen können, darunter auch spätere Arbeiten.
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Hier geht es zu Beispielen aus früheren Kunst-Kursen zu diesem Thema. LINK