LandArt? – Was ist das denn?

 

Richard Long. Line and Tracks in Bolivia, 1981
Richard Long, Line and Tracks in Bolivia, 1981

 

 

 

 

 

LandArt – das ist das Thema der ersten Unterrichtsreihe in diesem Blog.
Im Folgenden finden Sie zunächst Hintergrundinformationen, die Ihnen den Zugang zum Thema erleichtern. Ihr Vorwissen können Sie hierbei interaktiv überprüfen. Schließlich wird Ihnen eine praktische Aufgabe mit einem Abgabedatum gestellt.

LandArt???

Will man verstehen, was LandArt ist und wie es zu LandArt kommt, sollte man sich mit zwei grundlegenden Gedanken vertraut machen:

Kunst kann als ein System visueller Zeichen verstanden werden.

In der Kunst des späten 20. Jahrhunderts hat sich eine Richtung mit dem Namen ConceptArt entwickelt, in der Ideen entwickelt wurden, die sich für LandArt als wichtig erwiesen haben.


Hier sollen zunächst einmal diese beiden Aspekte verdeutlicht werden, bevor wir dann mit LandArt starten.


Zeichensystem

Sie erinnern sich, das wir zu Beginn des 11. Jahrgangs über die Frage ›Was ist Kunst?‹ gesprochen haben? Ich hatte Ihnen einige kurze Texte vorgestellt, die Andreas Mäckler in seinem Buch ›1460 Antworten auf die Frage: was ist Kunst?‹ zusammengetragen hat. Die Tatsache, dass es solch ein Buch gibt, zeigt, dass man die Frage offensichtlich nicht einfach beantworten kann.

Ich hatte Ihnen dann vorgeschlagen, dass wir uns in unserem gemeinsamen Unterricht auf eine Definition stützen sollten:

Kunst ist eine menschliche Tätigkeit, die darin besteht, daß ein Mensch durch visuelle Zeichen anderen Menschen Gedanken und/oder Gefühle übermitteln kann.


Das ist eine sehr merkwürdig klingende, spröde Definition. Sie hat aber den Vorteil, dass man mit ihr viele Phänomene im Bereich der Kunst erklären kann, die durch andere Theorien nicht erklärt werden. Viele Menschen denken vor allem an gemalte Bilder oder aus Stein geschlagene Skulpturen, wenn sie über Kunst sprechen. Wenn Sie im Verlauf dieser Unterrichtsreihe über ein Werk von Michael Heizer arbeiten werden, der für ›Double Negative‹ Material von der Masse des Empire State Building aus einem Berg sprengte und mit dem Bulldozer wegschaffte, liegt der Gedanke nahe: ›Das soll Kunst sein?‹. Auch wenn man zum ersten Mal hört, dass Richard Long mit seinen Füßen gerade, über einen Kilometer lange Staublinien in Wüstensand zieht, mag man sich diese Frage stellen.


Michael Heizer, Double Negative



 

 

 

 

 

Ja, das ist Kunst. Beide stellen materielle Dinge her – aus Geröll, aus Staub –, die andere Menschen sehen können und die in der Lage sind, die Gedanken und Gefühle der beiden Künstler zu übermitteln. Ob die anderen Menschen die Künstler verstehen, ist dabei nicht entscheidend. In anderen Lebenszusammenhängen kommt es schließlich auch immer wieder vor, dass z.B. ein Mensch mit einem anderen spricht, dieser ihn aber nicht versteht. Entscheidend ist, ob der angesprochene Mensch, vorausgesetzt, er ist bereit, sich auf die Kommunikation einzulassen, und schlau genug, die verwendete Sprache zu erlernen, den Inhalt verstehen könnte.

Ziel der Unterrichtsreihe ist also, SIE in die Lage zu versetzen, die Inhalte zu verstehen, die LandArt-Künstler Ihnen mitteilen wollen. Dazu müssen Sie bereit sein, sich auf deren ungewohnte Sprache einzulassen. Klug genug, um zu lernen, sollten Sie natürlich auch sein.


Um Ihnen die Möglichkeit zu geben, die Dinge, die wir seinerzeit über Zeichensysteme besprochen haben, zu wiederholen, folgt eine kleine Grafik des Kommunikationsmodells. Tragen Sie die fehlenden Begriffe ein; nach Abschluss erhalten Sie eine Rückmeldung, wenn Sie auf das Symbol rechts unten klicken.



ConceptArt

Dass Kunst nicht unbedingt ein gemaltes Bild oder eine Zeichnung sein muss, haben Sie gerade gelesen. Aber ConceptArt? Was ist das denn? Was ist überhaupt ein Konzept?

Das Wort Konzept kommt aus dem Lateinischen (concipere - zusammenfassen). Heute versteht man darunter, einen Plan für ein Vorhaben zu erstellen und diesen Plan, von einer ersten Idee ausgehend, weiterzuentwickeln. [Beispiele: Konzept für eine Rede erstellen; Konzept erstellen, wie man den Hunger in der Welt bekämpfen kann; Finanzierungskonzept für einen Kredit erstellen]

In einem umfassenderen Sinn gehört zu einem Konzept: erfassen und darstellen, wie einzelne Aspekte eines Themas logisch zusammenhängen. Ein Konzept ist also ein fixierter Plan; es ist mehr als eine Idee, es ist ein fertiges und fixiertes Produkt von Arbeit. Es verbindet vorhandene Erfahrungswerte und neue Ideen zu einem programmatischen Handlungsrahmen.
Das Konzept kann verschiedenen Formen haben: Text, Grafik, Präsentation. Ein Konzept kann aber auch gemeinsames Gedankengut in den Köpfen der Beteiligten sein.

Schritt für Schritt 

1. Zunächst ist es wichtig, das Thema und das Ziel genau zu definieren.
2. Dann ist zu klären, welche Informationen und Materialien benötigt werden.
Eine gezielte Recherche sollte folgen.
3. Im nächsten Schritt geht es darum, eine Struktur zu entwickeln, die die
verschiedenen Aspekte es Themas und deren logische Verbindungen zeigt.
4. Visualisieren – ein Konzept kann in Worte gefasst werden. Häufig bietet es sich an, eine Grafik, ein Diagramm, ein Organigramm, ein Cluster oder ähnliches zu erstellen.


Und was hat das mit Kunst zu tun?

Konzeptkunst (engl. Conceptual Art) ist eine in den 1960er-Jahren entwickelte moderne Kunstrichtung. Hier ist es nicht unbedingt notwendig, ein Kunstwerk wirklich herzustellen, es ist möglich, nur einen Plan zu entwickeln, wie man es herstellen und präsenieren könnte und diesen Plan so anzulegen, dass andere Menschen ihn sehen und verstehen können – z.B. als Text, als Skizze, als Diagramm.

Die Ausführung des Kunstwerks ist in der Konzeptkunst von untergeordneter Bedeutung und muss nicht durch den Künstler selbst erfolgen. Im Vordergrund stehen Konzept und Idee, die für die künstlerische Arbeit als gleichwertig erachtet werden. Anstelle fertiger Bilder und Skulpturen treten Skizzen, Schriftstücke, Anleitungstexte oder unter Umständen Künstlerbücher, die eigene ästhetische Qualitäten entfalten. Eines der Ziele ist die ›Entmaterialisierung‹ des Kunstwerks und die Einbeziehung des Betrachters. Gewohnte Sichtweisen, Begriffe und Zusammenhänge der Welt werden hinterfragt, neue Regeln erfunden. Es wird mit Kontexten, Bedeutungen und Assoziationen gearbeitet.

So hat beispielsweise der Konzeptkünstler Joseph Kosuth zu den Themen gearbeitet ›Wie funktioniert Verstehen? Wie funktioniert Kunst?‹ Er hat aber nicht als Lehrer gearbeitet und daher keine Unterrichtsreihe entworfen, wie ich das getan habe. Er hat als Künstler gearbeitet und er hat visuelle Zeichen erstellt, die das Ergebnis seiner Überlegungen zeigen. Eine Arbeit aus dem Jahre 1965 heißt ›One and Three Chairs‹ und besteht aus drei Teilen, die nebeneinander ausgestellt werden – einem Foto, einem echten Stuhl und einer Texttafel.

Joseph Kosuth, One and Three Chairs


 

 

 

 

 



Der Künstler Roman Opalka arbeitete zum Thema der verfließenden Zeit. Er konzentriert sich seit 1965 – dem Beginn seines ›1965/1- ∞‹ betitelten Projekts – ausschließlich auf eine Art malerische, aber sehr ungewöhnliche Darstellung von Zeit. Das Konzept von Opalkas Serie basiert auf dem simplen Prinzip der Progression. 1965 stellt er das erste Bild mit dem Titel ›1965/1- ∞ (Detail 1-35327)‹ fertig, das auf schwarzem Grund oben links mit der weißen Ziffer 1 beginnt und in der Addition von 1 in übereinander angeordneten Zahlenreihen bis zur Ziffer 35327 fortschreitet. Das folgende Bild der Serie schließt oben links mit der Zahl 35328 an das erste an usw. Alle Bilder der Serie haben die gleiche Größe und sind in der gleichen Technik gemalt. Opalka tränkt den Pinsel erst dann erneut mit Farbe, wenn die Ziffern beginnen, unleserlich zu werden. Zu jedem Bild produziert Opalka eine Tonbandaufnahme, in der er die auf der Leinwand erscheinenden Zahlen in seiner polnischen Muttersprache herunterzählt. Nach Beendigung eines Arbeitstags fertigt Opalka zudem ein fotografisches Selbstporträt an. Bis zu seinem Tod im Jahr 2011 entstanden so 233 ›Details‹ bis zur Zahl 5.607.249.  Über 200 Bilder dokumentieren das eng an seine Biografie gebundene beständige Vergehen der Zeit. Der fortlaufende Akt des Malens/Zählens, also die bereits im Titel der Arbeit angedeutete Annäherung an die Unendlichkeit, steht in starkem Kontrast zum fortschreitenden Altern des Künstlers und der unausweichlichen Tatsache seiner Sterblichkeit. 

 

Roman Opalka im Folkwang Museum, Essen

 

 

 

 

 

Der Zusammenhang zwischen ConceptArt und LandArt

Oben wurden Arbeiten der LandArt vorgestellt, in denen Felsen gesprengt wurden. Es wurde angedeutet, dass Werke der LandArt sehr groß sein können – aber das müssen sie nicht sein –, oder dass sie in fernen Gegenden realisiert wurden. So ist es zuweilen für Künstler schwierig, solche Arbeiten zu verwirklichen. 

Es kann für Sie als Schüler möglicherweise schwierig sein, Arbeiten zu den gestellten Aufgaben real umzusetzen. Hier kommt die ConceptArt ins Spiel. Sie können dann, wie oben unter der Überschrift ›Schritt für Schritt‹ dargestellt, einen Plan anfertigen und müssen diesen dann als Text, Organigramm oder Mappe vorlegen.

 


Aufgabe:
Denken Sie darüber nach, wie Sie den Begriff ›Zeit‹ mit künstlerischen Mittel darstellen können, und fertigen Sie eine Arbeit zu dem Thema an. Diese Arbeit kann traditionell, z.B. als Bild, angefertigt werden. Aber auch andere Formen sind zugelassen, z.B. eine Fotosequenz oder das Erstellen einer Konzept-Mappe.

Lassen Sie mir Ihre Arbeit bis zum Montag, 24.08., zukommen, entweder indem Sie die fertige Arbeit am Montag bei Herrn Schlüter abgeben oder diese mir per mail zusenden, z.B. über diesen link.