LandArt - Kunst mit Bulldozer und Blütenstaub

Ende der 60er Jahre entstand in den USA eine neue Kunstrichtung, die sich deutlich von dem unterschied, was man bisher in der Kunst kannte. Michael Heizer, einer der Pioniere dieser Kunstrichtung, hatte die Wüstenregionen Nevadas und Kaliforniens schon als Kind durch die archäologischen Forschungen seines Vaters kennengelernt. Nach seinem Kunststudium machte er diese abgelegenen Landschaften zum Ort seiner Kunst. Landschaften waren schon immer ein Thema der Kunst gewesen, doch hatten Künstler Landschaften gemalt, um z.B. die Schönheit der Natur zu zeigen. Heizer hatten einen völlig neuen Ansatz. Er wollte in und vor allem mit der Natur arbeiten. Natur sollte nicht auf einer Leinwand oder einem Stück Papier gemalt oder gezeichnet werden. Die Landschaft selbst sollte zu einer Art Leinwand werden.
In dieser Zeit hatten die Menschen große Fortschritte in Wissenschaft und Technik gemacht. Man hatte sich z.B. um die Erkundung des Weltraums bemüht; 1969 betraten die ersten Menschen den Mond. Solche Ereignisse veränderten das Selbstverständnis der Menschheit. Künstler wie Heizer wollten in ihrer Kunst das Selbstbildnis des Menschen neu überdenken. Sie wollten die Stellung des Menschen in der Natur, in der Welt auf eine neue Art darstellen.
So kam Heizer auf die Idee, mit Hilfe von Sprengstoff und einem großen Bulldozer einen, besser gesagt zwei monumentale Einschnitte in einem Bergplateau zu formen. Der Titel dieser Arbeit ist ›Double Negative‹.



 

 

 

 

 

 

Im ersten Moment wirken die Abmessungen von 30 Fuß in der Breite und 50 Fuß in der Tiefe (ca. 9 m x 15 m) klein, wenn man von der Arbeit hört. Das Erdvolumen jedoch, das Heizer bewegen musste, entsprach der Größe des Empire State Building in New York. Wenn man sich zur Arbeit selbst hinbewegt, ist der Eindruck überwältigend. Wie eine Reihe anderer Werke der LandArt vermittelt ›Double Negative‹ ein erhebendes Gefühl für die Weite der Natur und stiftet eine sinnlich erdrückende Anschauung der Kleinheit des Menschen auf der Erde. Diesen Eindruck konnten anfangs allerdings nicht viele gewinnen. Heizer und auch andere Pioniere der LandArt verstanden ihre Arbeiten auch als Protest gegen den Kunstbetrieb und das Geschäft mit der Kunst. ›Double Negative‹ kann man eben nicht kaufen und verkaufen wie ein Bild. Heizer machte daher wenig Aufhebens um seine Arbeit und ohne genaue Ortskenntnis war das Werk nicht zu finden. Erst im Laufe der Zeit wurden Heizer und andere mit ihren Arbeiten berühmt. Heizers monumentale Schnitte in Felsen sowie die Werke anderer Künstler wie Walter de Maria, mit dem Heizer befreundet war, oder Robert Smithson waren der Beginn von LandArt.



 

 

 

Nachdem die Idee einmal in der Welt war, dass man Natur und Landschaft nicht nur abmalen oder fotografieren kann, sondern dass diese selbst zum Medium werden können, entwickelte sich LandArt schnell weiter. Wenn die drei genannten Künstler große Eingriffe in die Natur vornahmen, so arbeiteten andere LandArt-Künstler sehr klein. In den Fels gesprengte Kunst ist fast für die Ewigkeit gemacht. Spätere Künstler schufen Werke, die nur wenige Sekunden andauerten. Diese Arbeiten wurden dann schnell fotografiert und das kunstinteressierte Publikum kennt sie nur von den Abbildungen, den Fotos der Werke. Dabei muss man sich jedoch klar machen, dass nicht die Fotos die Arbeit sind, sondern dass diese die Arbeit nur dokumentieren. Die ersten LandArt-Künstler fühlten sich dem Umweltschutz nicht verpflichtet. Heizer sagte: »It’s about art, not landscape«, und widersetzte sich damit Versuchen, die LandArt als ökologische Landschaftskunst zu interpretieren. Das ist heute vielfach anders und einige der aktuell arbeitenden Künstler sympathisieren mit der Öko-Bewegung. So ist die Bandbreite dessen, was wir LandArt nennen, groß.


Jetzt geht es los!

Wir beginnen unsere praktischen Arbeiten zum Thema LandArt natürlich nicht mit Baggern und Dynamit. Die erste Aufgabe zur LandArt orientiert sich an den Arbeiten eines englischen Künstlers, Andy Goldsworthy.

 

 

 

 

 

Goldsworthy (* 1956) ist ein Künstler, der in der Natur vorkommende Materialien zur Erstellung seiner meist schnell vergänglichen Werke einsetzt und diese mit Hilfe der Fotografie dokumentiert. Er gilt als einer der wichtigsten Vertreter der Land Art. 

Goldsworthy studierte in Bradford und Preston Kunst, hielt sich aber immer weniger in der Universität auf, stattdessen zog es ihn an die nahe Küste der Irischen See, wo er seine ersten Versuche in und mit Naturmaterialien machte. 

Seine Arbeiten zeichnen sich durch ihre Vergänglichkeit aus. Er arbeitet ausschließlich mit Naturmaterialien, die er an Ort und Stelle vorfindet, wie beispielsweise Steine, Blütenblätter oder Holz – stets ohne künstliche »vom Menschen erschaffene« Hilfsmittel. Zum Befestigen von Blättern und Ästen benutzt er nur Dornen und Stöckchen oder Grasfasern. Er dokumentiert seine teils sehr zerbrechlichen Kunstwerke mit. So streut er beispielsweise Blütenblätter in einen Fluss und bildet sie kurz vor dem endgültigen Zerrinnen mit seiner Kamera ab.

Bei einer anderen Arbeit überlässt er aufwendig am Strand arrangierte Muschelspiralen der Flut und gibt sie somit dem Meer zurück. Es ist nicht seine Absicht, Spuren in der Natur zu hinterlassen, vielmehr gibt er die Artefakte der Natur wieder zurück. Er demonstriert ihre Schönheit, indem er ihre Formen und Farben für wenige Stunden zu harmonisch komponierten Objekten vereint, sie dann aber der natürlichen Zerstörung überlässt.









Aufgabe
Sehen Sie sich die Abbildungen der Arbeiten Goldsworthys an. Versuchen Sie das dahinter stehende Konzept zu verstehen.

Aufgabe

Erstellen Sie in den nächsten Tagen eine eigene LandArt-Arbeit, in der Sie das Konzept Goldsworthys anwenden. Fotografieren Sie diese und senden mir das Foto bis zum Samstag,  29.08., per mail, z.B. über diesen link.

Hinweis

Damit Sie eine Vorstellung gewinnen, wie Arbeiten zu diesem Thema aussehen sollten, folgt eine kleine Sammlung älterer Schülerarbeiten. Die meisten dieser Arbeiten sind qualitativ gute Arbeiten, es befinden sich jedoch auch schlechte Lösungen darunter. Es soll deutlich werden, dass Sie nicht ›Bildchen aus Blümchen legen‹ sollen. Ziel soll nicht sein, ein Motiv abzubilden, das man besser mit einem Stift oder Pinsel malen oder zeichnen könnte. Sie sollen der Form und dem Material, das Sie in der Natur vorfinden, nachspüren und aus dieser Form, diesem Material Ihre Arbeit entwickeln.







 

 »As with all my work, whether it's a leaf on a rock or ice on a rock, I'm trying to get beneath the surface appearance of things. Working the surface of a stone is an attempt to understand the internal energy of the stone.« Goldsworthy

»I have walked around the same streets so many times, and then seen a place that had been hidden to me.« Goldsworthy